»Es gibt noch viel zu tun,
wir bleiben laut« – die ÖGB-Frauen
23.Sept 2015
Politik ist Bohren harter Bretter. Bei Frauenpolitik kommt noch eine Stahlplatte hinzu.
WAS DAMALS GESCHAH
Nur wenige Monate nach der Gründung des ÖGB findet im September 1945 die konstituierende Sitzung der ÖGB-Frauen statt. In den ersten Nachkriegsjahrzehnten können frauenpolitisch wichtige Gesetze wie das Mutterschutzgesetz, der bezahlte Karenzurlaub und die Erhöhung von Kinder- und Familienbeihilfe durchgesetzt werden.
Weitreichende Veränderungen für Gesellschaft und Arbeitswelt bringt die Familienrechtsreform der Regierung Kreisky in den 1970er-Jahren. Die Frau kann ohne Erlaubnis ihres Ehemannes berufstätig sein, dieser gilt nicht mehr als Familienoberhaupt. Auch innerhalb des ÖGB müssen die Gewerkschafterinnen Überzeugungsarbeit leisten. Ab 1979 gibt es mit Maria Metzker endlich die erste Vizepräsidentin, seitdem sind die ÖGB-Frauenvorsitzenden fix für diese Funktion gesetzt. Das im selben Jahr verabschiedete Gleichbehandlungsgesetz ist ein Meilenstein auf dem Weg zu gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit.
Unterstützung erhalten die ÖGB-Frauen durch die langjährige Frauenstaatssekretärin und ab 1991 erste Frauenministerin Johanna Dohnal. Neben elementaren Frauenrechten wie dem Verbot sexueller Belästigung ist es auch ihrer Hartnäckigkeit zu verdanken, dass ab 1992 im Gegenzug für die Angleichung des Frauenpensionsalters zahlreiche Punkte aus dem Gleichbehandlungspaket umgesetzt werden.
Nach Stillstand und sogar Rückschritten in den Jahren der schwarz-blauen Regierung Anfang der 2000er-Jahre nimmt die fortschrittliche Frauenpolitik wieder Fahrt auf. Etwa ab 2010 werden langjährige Forderungen wie einkommensabhängiges Kindergeld, der Rechtsanspruch auf Papamonat oder die Anrechnung von Karenzzeiten auf dienstzeitabhängige Ansprüche umgesetzt. Große Ernüchterung bringt dann die Corona-Pandemie: Frauen tragen – oft neben eigenem Homeoffice – immer noch die Hauptlast für Haushalt und Care-Arbeit.
Dieses Motto des 19. Bundesfrauenkongresses im April 2023 unterstreicht den Anspruch der ÖGB-Frauen, die sozial gerechte Bewältigung der aktuellen Herausforderungen wie Klimakrise, Digitalisierung und demografischer Wandel gleichberechtigt mitzugestalten. Dafür braucht es aber eine gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern und ein endgültiges Überwinden alter Rollenbilder.
Wie gesagt, es gibt noch viel zu tun …
FOTOS ZUM MEILENSTEIN
Weitere Quellen
- 72 Jahre, 19 Kongresse - eine Geschichte | ÖGB (oegb.at)
- Wir, die Gewerkschaftsfrauen | ÖGB (oegb.at)
- Ohne uns gehts nicht | ÖGB (oegb.at)
- Als die Gleichberechtigung die gottgewollte Ordnung zerstörte | ÖGB (oegb.at)
- Sieben Jahrzehnte ÖGB-Frauen | ÖGB (oegb.at)
- Kundgebungen der unerfüllten Forderungen | ÖGB (oegb.at)
- Hurra, nur noch 31 Jahre bis zur Lohngleichheit! | ÖGB (oegb.at)
- Gewerkschaftsgeschichte Pensionsantrittsalter | ÖGB (oegb.at)
- Johanna Dohnal und die Gewerkschaften | ÖGB (oegb.at)
- Einkommensunterschied Ein 10 Jahres Vergleich | ÖGB (oegb.at)
- Wilhelmine Moik erste ÖGB Frauenobmännin | ÖGB (oegb.at)