»Wenn das so ist, fangen wir am Mittwoch
zu streiken an« – Metaller-Streik 1962
9.Mai 1962
Auch bei gleichbleibender Arbeitsleistung verdienen in der Regel Frauen weniger. Sie verdienen weniger, nur weil sie Frauen sind. Das darf es doch 1962 nicht mehr geben!
WAS DAMALS GESCHAH
Bis Anfang der 1960er-Jahre steigt die Produktivität in der österreichischen Wirtschaft stark an. Damit einher geht aber auch eine deutliche Erhöhung der Lebenshaltungskosten und es zeichnet sich ein Auseinanderklaffen der Lohn- und Preisentwicklung ab. Dementsprechend legt der Zentralvorstand der GMB Ende Jänner 1962 den Forderungskatalog für die anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen fest: Neben einigen arbeits- und sozialrechtlichen Verbesserungen sollen vor allem die Mindest- und Ist-Löhne deutlich erhöht und die Frauenlohngruppen abgeschafft werden. Denn durch die erhalten Frauen ohne sachliche Rechtfertigung viel weniger Lohn für gleichwertige Arbeit.
Die Arbeitgeber:innenvertreter zeigen aber keinerlei Entgegenkommen, besonders vehement werden die Erhöhung der Ist-Löhne und die Beseitigung der ungleichen Entlohnung von Frauen abgelehnt. Nach Verzögerungen und ergebnislosen Treffen kündigt Anton Benya im Mai 1962 seinem Verhandlungsgegenüber Kampfmaßnahmen an:
Meine Herren, wenn das so ist, fangen wir am Mittwoch zu streiken an. Die Hüttenbetriebe laufen am Montag nicht mehr, am Samstag und Sonntag werden die Hochöfen eingedämmt und am Montag ist Schluss.
Am 9. Mai treten mehr als 200.000 Arbeiter:innen in Streik, aus taktischen Gründen noch nicht die 60.000 Beschäftigen der Hüttenindustrie, des Bergbaus, der Kraftwerke und der Erdöl fördernden Betriebe. Schon am späten Abend des ersten Streiktags kommt es unter der Verhandlungsführung von Anton Benya zur Einigung für die rund 50.000 Beschäftigten im Metallgewerbe, am 11. Mai folgen die Berg- und Hüttenwerke und am 12. Mai folgt die Metallindustrie.
Neben einer Erhöhung der Mindestlöhne um durchschnittlich 11 Prozent, einer Ist-Lohnerhöhung von 5,5 Prozent und anderen arbeitsrechtlichen Verbesserungen (erkrankte Arbeiter:innen erhalten zumindest 50 Prozent ihres Entgelts während der ersten Krankheitstage) stellt vor allem die Beseitigung der Frauenlohngruppen einen großen Erfolg dieser Streikbewegung dar.