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Fundament für eine Weiterentwicklung des Arbeitsrechtes auf  demokratischer Grundlage.

Neues Österreich, 27. Februar 1947, S. 2

WAS DAMALS GESCHAH

Die ersten sind die Drucker, die mit ihren Arbeitgeber:innen Verträge erreichen. Ein wichtiger Schritt dahin ist das Koalitionsgesetz von 1870, mit dem das straffreie Verhandeln über bessere Löhne und Arbeitsbedingungen möglich wird. Ab 1900 gewinnen die Kollektivverträge immer mehr an Bedeutung. Vor Beginn des Ersten Weltkrieges sind 17 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer:innen von Kollektivverträgen erfasst. In der Ersten Republik unter »Sozialminister« Ferdinand Hanusch entstehen eine Reihe bedeutender Gesetze, so etwa das Arbeitsurlaubsgesetz (1919), das 8-Stunden-Tagsgesetz (1919) und das Betriebsrätegesetz (1919). Auch das »KV-Gesetz« wird beschlossen.
Nach dem Ende der NS-Herrschaft in Österreich hat der ÖGB die Aufgabe, rasch zur Demokratisierung beizutragen. Auf der Agenda steht neben einem neuen Sozialversicherungsgesetz auch ein neues Betriebsräte- und KV-Gesetz. Am 20. Februar 1947 wird das neue KVGesetz vom Nationalrat verabschiedet, Grundlage ist das Gesetz aus dem Jahr 1919. Für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft und der Heimarbeit werden ähnliche Gesetze verabschiedet.

Das Recht auf KV-Verhandlungen wird auch international geregelt. Dazu zählt das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht zu KV-Verhandlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), das von Österreich ratifiziert wird (BGBl. Nr. 20/1952). Durch Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (BGBl. Nr. 210/1958), die im Rang eines Verfassungsgesetzes steht, wird das Recht aller Menschen, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten, verfassungsrechtlich verankert. Auch die Europäische Sozialcharta (BGBl. Nr. 460/1969) anerkennt ausdrücklich das Recht auf KV-Verhandlungen (Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 3) und das Recht der Arbeitnehmer:innen, sich zum Schutz ihrer Interessen zu Organisationen zusammenzuschließen. Mit dem Arbeitsverfassungsgesetz, gültig ab 1.Juli 1974, wird schließlich das KVWesen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt.

Heute sind 98 Prozent aller Arbeitnehmer:innen von Kollektivverträgen erfasst.
Heute sind 98 Prozent aller Arbeitnehmer:innen von Kollektivverträgen erfasst. ÖGB

1985 werden erste Kollektivverträge mit 38,5 Stunden abgeschlossen, Jahrzehnte später ist der KV für Fahrradboten- und Essenszusteller:innen der weltweit erste KV in diesem Bereich. 2023 kann die GÖD für die Mitarbeiter:innen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (Mauthausen Memorial) einen KV abschließen. Besonderheiten sind die General-Kollektivverträge der Jahre 1959, 1967 und der Corona-KV 2021. Nicht vergessen werden darf, dass die Auszahlung des Urlaubsund Weihnachtsgeldes (Sonderzahlungen) ausschließlich in Kollektivverträgen geregelt wird. Heute sind 98 Prozent aller Arbeitnehmer:innen in Österreich von Kollektivverträgen erfasst. 2019 feiert das KVGesetz seinen 100. Geburtstag!

FOTOS ZUM MEILENSTEIN

Gewerkschaften greifen für höhere Löhne auch zu Kampfmaßnahmen. So wie hier die GPA im März 2023.
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Konferenz der Kollektivvertrags- Verhandler:innen im Jahr 2018. Rauf mit den Löhnen! Sebastian Philipp
OEGB-aktuell Nr. 111_1970
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Abschluss Kollektivvertrag 1977 (GBH), Rautner, Letmaier, Millendorfer, Herbeck
Abschluss Kollektivvertrag 1977 (GBH), Rautner, Letmaier, Millendorfer, Herbeck Zvacek, ÖGB-Archiv
Erste_Auflage Kommentar KV-Gesetz im ÖGB-Verlag
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Forderungsübergabe Metaller-KV, Präsdidium und Betriebsräte 2022
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Kollektivverträge
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Kollektivvertragsunterzeichnung KV ITS, Braun Nenning
Kollektivvertragsunterzeichnung KV ITS, Braun Nenning ÖGB-Archiv

Weitere Quellen