»Alle Räder stehen still …« –
Der 66-Stunden-Streik bei den ÖBB
12.-14.Nov 2003
Wenn die gesetzlichen Eingriffe ins Eisenbahnerdienstrecht Wirklichkeit geworden wären, wären die Kollektivverträge aller Beschäftigten in Österreich in Gefahr gewesen.
WAS DAMALS GESCHAH
Als insgesamt 14 Verhandlungsrunden und ein zwölfstündiger Warnstreik am 4. November keine Einigung bringen, wird am 12. November 2003 ab 00.00 Uhr der unbefristete Streik ausgerufen. Der Güterverkehr stellt sofort seinen Betrieb ein, Personenzüge steuern noch ihren jeweiligen Zielbahnhof an. Es zeigt die Unterstützung der ÖBB-Bediensteten für ihre Gewerkschaft, dass der Streik geschlossen abgehalten wird und es keine Streikbrecher:innen gibt, obwohl die ÖBB-Geschäftsführung den Mitarbeiter:innen mit Entlassung und Schadenersatzforderungen gedroht hat.
Der Streik der rund 47.000 Eisenbahner:innen übt durch ausbleibende Zulieferungen großen Druck auf zahlreiche Unternehmen aus, eine Ausweitung über das Wochenende hätte zur Folge gehabt, dass in den Hochburgen der Schwerindustrie die Hochöfen stillstehen müssen.
Deshalb beendet das zumindest teilweise Einlenken der Regierung am 14. November 2003 den Streik. Arbeitnehmer:innenrelevante und arbeitsplatzsichernde Maßnahmen aus einem Kompromissvorschlag der GdE können durchgesetzt und damit massive Verschlechterung für Beschäftigte und Bahnkund:innen vorläufig abgewehrt werden.
Die GdE wird beauftragt, bis 1. Mai 2004 gemeinsam mit dem ÖBBVorstand ein neues Dienstrecht zu verhandeln, mit dem auch ein festgelegtes Einsparungsziel erreicht werden kann. Gelungen ist damit, dass das Kollektivvertragsrecht weiterhin bei den Gewerkschaften bzw. den Sozialpartnern liegt.
Nach 66 Stunden setzt sich am 14. November um 18.25 Uhr der erste Zug wieder in Bewegung und beendet damit den bislang längsten Eisenbahner:innenstreik der 2. Republik. Und die Gewerkschaft hat klar gezeigt: Sie verschließt sich – entgegen anderslautender Regierungspropaganda – keineswegs notwendigen Veränderungen und Entwicklungen. Aber sie erwartet zurecht, dass die Verhandlungen darüber auf Augenhöhe geführt und beim Ergebnis die Interessen der Beschäftigten gewahrt werden.